Das Labyrinth im Stadtteil-Kurier Schwachhausen

Wir bedanken uns bei Maren Brandstätter und Petra Stubbe für das schöne Interview! Das Interview ist am 15.08.2019 im Stadtteil-Kurier Schwachhausen des Weser-Kuriers erschienen.

„Alles wird vertraulich behandelt“

Bremen könnte seine erste Freimaurerinnenloge bekommen. Einen Gründungstermin gibt es noch nicht, aber ein monatliches Gästetreffen verrät die Meisterin Britta Wellmann.

Labyrinth * Britta Wellmann * Freimaurerinnen in Bremen
Britta Wellmann mit Logenbijou vor dem Ölzweig-Haus in Schwachhausen. Dort lädt die Loge ­„Labyrinth“ regelmäßig zum Gästeabend. (PETRA STUBBE)

 

Frau Wellmann, Sie wollen in Schwachhausen Bremens erste Freimaurerinnenloge gründen – wie viele Frauen haben Sie dafür schon zusammen?

Britta Wellmann: Zurzeit sind wir sechs Schwestern: eine Meisterin, vier Gesellinnen und ein Lehrling.

Sie nennen sich Schwestern?

Ja, das ist so etwas wie ein ritueller Trick. Schwestern stellen sich grundsätzlich nicht infrage, auch wenn sie mal unterschiedlicher Meinung sind. So halten wir es auch bei den Freimaurerinnen.

Welche Ideale verfolgt die Freimaurerei?

Die Werte der Freimaurerei entsprechen den demokratischen Grundwerten wie Freiheit, Gleichheit, Ehrlichkeit, Respekt und Toleranz. Diese Werte wollen wir durch unsere Arbeit verinnerlichen und in unserem Alltag leben.

Was hat es mit den drei verschiedenen Graden auf sich?

Das Motto des Lehrlings lautet: Schau in Dich, das des Gesellen: Schau um Dich und das des Meisters: Schau über Dich. Die Grade sind keine Hierarchien, sondern Erkenntnisstufen. Sie zeigen einfach nur eine Reihenfolge an.

Das heißt, man muss keine Prüfung ablegen?

Nein. Wenn sich zeigt, dass ein Mitglied sich mit dem jeweiligen Motto intensiv auseinandergesetzt hat, wird es befördert.

Was braucht es, um eine eigenständige Loge zu gründen?

Sieben Meisterinnen sind die Voraussetzung. Bislang bin ich die einzige, und ich denke, wir warten bis wir neun zusammenhaben. Wenn von sieben nur eine ausfällt, kann keine Tempelarbeit stattfinden.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff?

Bei der Tempelarbeit lesen drei gewählte Mitglieder das sogenannte Ritual. Die anderen hören nur zu. Anschließend hält ein anderes Mitglied eventuell noch einen Vortrag, über den dann noch ergänzend gesprochen werden kann. Wir nennen das Mitwirkung am Entwurf. Bei der Tempelarbeit tragen wir schwarze Kleidung, einen Schurz, Handschuhe und ein Bijou mit dem Logensymbol. Bei unseren monatlichen Schwesterntreffen tragen wir ganz normale Alltagskleidung.

Können Sie denn diese Tempelarbeit praktizieren, obwohl es die Loge noch gar nicht gibt?

Bis wir unsere eigene Loge gründen können, bekommen wir quasi Amtshilfe von einer Frauenloge in Lippstadt, der wir Schwestern angehören und wo wir ab und zu hinfahren, um am Ritual teilzunehmen.

In Bremen gibt es bereits eine gemischtgeschlechtliche Loge – warum wollen sie eine reine Frauenloge gründen?

Meiner Ansicht nach ist die Atmosphäre besser, wenn bei den Treffen Werbung und Beziehungen außen vor bleiben. Mein Lebensgefährte ist ebenfalls Mitglied einer Loge, und wir finden es beide gut so, wie es ist. Andernfalls bildet man als Paar schnell eine Gruppe in der Gruppe. Letztlich muss aber jeder für sich selbst entscheiden, welches System am besten zu ihm passt.

Wann sind Sie Freimaurerin geworden?

Ein Bekannter aus meinem früheren Reitstall erzählte immer mal wieder davon, dass er Mitglied in einer Loge sei und diese Termine sehr wichtig für ihn seien. Irgendwann habe ich dann angefangen, mich in das Thema einzulesen und zu den Gästeabenden der Frauenloge in Hannover zu fahren. 2012 wurde ich aufgenommen.

In welcher Hinsicht hat die Freimaurerei Sie verändert?

Als Elektro-Ingenieurin gab es für mich früher eigentlich nur „Strom an“ oder „Strom aus“. Bei den Freimaurern kam ich zu der Erkenntnis, dass es nicht nur schwarz und weiß, sondern auch grau gibt. Das hat mich um einiges gelassener gemacht. Inzwischen fällt es mir nicht mehr schwer, eine andere Meinung stehenzulassen.

Haben Sie die düsteren Legenden wie das Streben der Freimaurer nach der Weltherrschaft anfangs nicht abgeschreckt?

Nein, das habe ich nie geglaubt. Viele dieser Gerüchte gehen auf Erich Ludendorff zurück, den die Freimaurer seinerzeit nicht aufgenommen haben sollen. Außerdem gibt unsere Verpflichtung zur Geheimhaltung einigen Menschen Anlass für Verschwörungstheorien.

Warum verzichten Sie nicht auf die Geheimhaltung?

Sie hat bei den Freimaurern Tradition und geht wahrscheinlich auf die Tempelritter zurück, die damit die Zugänge zu ihren Burgen schützen wollten. Alles, worüber die Schwestern und Brüder in den Logen miteinander sprechen, wird vertraulich behandelt. Das sind ja häufig sehr persönliche Themen. Nicht alles über unser Ritual auszuplaudern, hat außerdem auch etwas mit Selbstbeherrschung zu tun. Das meiste ist aber im Internet inzwischen ohnehin nachzulesen.

Zum Beispiel, dass zum Ritual auch Kerzen und Musik gehören. Haben Freimaurer einen Hang zur Esoterik?

Kaum. Bei uns muss man kein Pendel schwingen, aber man muss Lust haben, sich darüber Gedanken zu machen, ob es eine höhere Macht gibt. Zu den Fragen, mit denen sich die Freimaurerei beschäftigt, gehören: „Wo kommen wir her, wo gehen wir hin“.

Ein Diskussionsniveau, das möglicherweise vorwiegend Menschen mit höherem Bildungsgrad anspricht. Ist demnach an dem Vorurteil etwas dran, die Freimaurerei sei ­elitär?

Nein. Wir haben bei uns unterschiedlichste Berufsgruppen vertreten, von der Köchin bis zur Ärztin. Ein Symbol der Freimaurerei ist die Winkelwaage – sie steht dafür, dass man sich auf Augenhöhe begegnet. Wichtig ist lediglich, dass die Mitglieder Freude am Gespräch, am Lesen und am Lernen haben. Wer daran kein Interesse hat, ist bei uns falsch – unabhängig vom sozialen Status.

Wer sich einflussreiche, berufliche Netzwerke erhofft, ist demnach bei den Freimaurern ebenfalls falsch? 

Absolut. In der Freimaurerei geht es ausschließlich um Persönlichkeitsentwicklung und wie freimaurerische Werte in die Gesellschaft eingebracht werden können. Mit Labyrinth hat die zukünftige Bremer Freimaurerinnenloge bereits einen Namen.

Wann rechnen Sie mit der offiziellen Gründung?

Das gehen wir ganz entspannt an, vielleicht in zwei bis drei Jahren. Interesse ist auf jeden Fall da – unser monatlicher Gästeabend ist immer gut besucht.

Das Gespräch führte Maren Brandstätter.

Zur Person

Britta Wellmann

ist seit 2012 Freimaurerin, seit 2014 trägt sie den Titel Meisterin. Die 49-jährige Ingenieurin lebt in einem niedersächsischen Dorf südlich von Bremen. Seit 2016 befindet sich die Loge „Labyrinth“ in Gründung und bietet einmal pro Monat einen Gästeabend für Interessierte im Ölzweig-Haus an der Kurfürstenallee an. Weitere Informationen sind im Internet unter www.freimaurerinnen-bremen.de zu finden.

 

Quelle: https://www.weser-kurier.de/bremen/stadtteile/stadtteile-bremen-nordost_artikel,-alles-wird-vertraulich-behandelt-_arid,1852374.html
Redakteurin: Maren Brandstätter 15.08.2019, Photo: Petra Stubbe beide für den Weser-Kurier